Konfessionslose gegen Zuschuss für Frankfurter Kirchentag

Pressemitteilung vom 05.03.2018

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) Hessen kritisiert die Bezuschussung des Kirchentags in Frankfurt am Main 2021 mit 4,9 Millionen Euro aus dem Haushalt der Stadt Frankfurt.

„Einen Kirchentag aus öffentlichen Mitteln zu subventionieren verstößt gegen die weltanschauliche Neutralität des Staates, die auch für Kommunen zu gelten hat“, sagte Martin Wagner, Landessprecher Hessen des IBKA. Es sei nicht einzusehen, den christlichen Kirchen, die 2016 in Deutschland 524 Millionen Millionen Euro Staatsleistungen und an Kirchensteuer ein Rekordhoch von 11,6 Milliarden eingenommen haben, eine solche Veranstaltung zu einem nicht unbeträchtlichen Teil zu finanzieren.

Kirchenfinanzierung in Deutschland

René Hartmann

Wie auf vielen anderen Ebenen, sind Staat und Kirche auch auf der Ebene der Finanzen eng miteinander verflochten. Das auffälligste Beispiel hierfür (wenngleich nicht das einzige) ist das deutsche Kirchensteuersystem.

Wer in Deutschland steuerpflichtig ist und einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört, ist kirchensteuerpflichtig, d.h. es werden 8% oder 9% (abhängig vom Bundesland) der Summe, die er an Einkommensteuer zu zahlen hat, als Kirchensteuer einbehalten und an die Kirchen abgeführt.

Ihren Ursprung hat die Kirchensteuer in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Damals wollte der preußische Staat die Kirchen nicht mehr aus seinen Steuermitteln finanzieren und verlieh den Kirchen das Recht, eigene Steuern zu erheben. Dieses System wurde im Lauf der Zeit immer weiter ausgebaut und zentralisiert. Heute muss der Arbeitgeber die Kirchensteuer einbehalten; das Geld erhalten bei der katholischen Kirche die Diözesen, die es nach einem bestimmten Schlüssel verteilen. Die Kirchengemeinden sind dadurch finanziell von den Diözesen abhängig.

Kirchensteuerpflichtig ist jede Person, die in Deutschland steuerpflichtig ist und einer Kirche (oder sonstigen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft) angehört, die Kirchensteuer erhebt. Als Mitglied einer Kirche wird betrachtet, wer getauft und nicht aus der Kirche ausgetreten ist. Der Austritt muss bei einer Behörde erfolgen (je nach Bundesland ist dies das Standesamt oder das Amtsgericht) und ist nicht gleichbedeutend mit einer Exkommunikation. Zwar vertritt die katholische Kirche in Deutschland den Standpunkt, dass der Kirchenaustritt die Exkommunikation zur Folge hat, dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Exkommunikation die Kirchensteuerpflicht aufhebt.

Datenschutzverletzung zugunsten der Kirchen

Pressemitteilung vom 6. März 2015

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und die Fédération Nationale de la Libre Pensée haben in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin das Ende der derzeit gängigen Praxis gefordert, Daten nicht-religiöser Menschen an die Kirchen weiterzuleiten. Dies stelle ein Verletzung der Weltanschauungsfreiheit sowie der informationellen Selbstbestimmung dar. "Die Rasterfahndung kirchlicher Behörden muss umgehend beendet werden", sagte Carsten Frerk, der im IBKA das Projekt "Kirchen als politische Akteure" leitet.

Claude Singer von der Libre Pensé betonte, in Frankreich sei aufgrund des Gesetzes von 1905 zur Trennung von Kirchen und Staat kein Kirchenaustritt möglich. Die Kirche sei wie ein Fußballverein, und wem es nicht mehr gefalle, der zahle halt einfach keinen Beitrag mehr. Die Libre Pensée kämpfe schon seit langem für das Recht, sich auf Wunsch aus den Taufregistern löschen zu lassen.

Gemeinsame Stellungnahme von Libre Pensée und IBKA

Das Kirchensteuerproblem in Deutschland ist ein Relikt aus dem Mittelalter, wurde in der Weimarer Verfassung fortgeführt und bestätigt durch das Hitler/Kardinal Pacelli (späterer Pius XII) Konkordat, unterschrieben am 20. Juli 1933. In Frankreich existiert die Kirchensteuer (den zehnten) seit 1789 nicht mehr, aber der Staatshaushalt finanziert weiterhin die Kirchen, einmal im Elsass-Mosel, aufgrund des napoleonischen Konkordats und das gesamte Land über das Gesetz vom 31. Dezember 1959, das sogenannte Debré-Gesetz, das die katholischen Schulen finanziert.

Die katholische Kirche ist in Deutschland und auch in Frankreich mit einem wachsenden Desinteresse ihrer Gläubigen konfrontiert, was eine Minderung ihrer Quellen bedeutet. In Deutschland sind, laut der Tageszeitung La Croix mehr als 178.000 Menschen 2013 offiziell aus der katholischen Kirche ausgetreten, in Frankreich kennt die katholische Kirche das gleiche Desinteresse. Die freiwilligen Spender ( die für den „religiösen Zehnten“ ihre Spende bei den Steuern absetzen können) gehen in schöner Regelmäßigkeit zurück (um 3% in der Bevölkerung).

Nun haben die Kirchen etwas Besonderes, man kann Mitglied sein ohne es zu wollen und sogar ohne es zu wissen. Im Gegensatz zu den Prinzipien, entwickelt von all den verschiedenen Menschenrechtserklärungen ist die Taufe, im allgemeinen wird sie von den Eltern nach der Geburt veranlasst, eine Handlung, die euch in die „Kirchengemeinschaft“ aufnimmt und euch steuerpflichtig macht, wenn eure Regierung es so beschließt, in Übereinstimmung mit den katholischen Behörden, egal welche Nationalität ihr habt oder wie eure eigenen Erklärungen eurer Überzeugungen sind. Es gibt natürlich eine Prozedur des Austritts, aber diese muss bezahlt werden und ist unter Kontrolle der Bischöfe und garantiert absolut nicht, was mit euren persönlichen Daten künftig passiert.

Pressekonferenz zum Fall Thomas Bores

Pressekonferenz im Haus der Demokratie am 5. März

Der Fall des Franzosen Thomas Bores hat einen Skandal ins öffentliche Bewusstsein gerufen: In Berlin werden - unter Verletzung des Meldegesetzes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (u.a. Richtlinie 95/46EG) - persönliche Daten von Zugezogenen im großen Stil an die beiden großen christlichen Kirchen weitergegeben. Deren Ziel ist es, Kirchensteuer auch von Menschen zu erheben, die als Säugling zwar getauft worden sind, sich aber nie als Mitglied einer Kirche verstanden haben, oder die vor Jahrzehnten aus der Kirche ausgetreten sind, dies aber nicht mehr nachweisen können.

Gegen diese in Europa einmalige Praxis beziehen Fédération Nationale de la Libre Pensée (Frankreich) und der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), unterstützt von der Atheist Alliance International (AAI), auf einer gemeinsamen Pressekonferenz Stellung. Der Betroffene und Vertreter der beiden Verbände werden den Fall und die Hintergründe der Berliner "Rasterfahndung" darstellen.

Auf dem Podium:

  • Thomas Bores
  • Dr. Carsten Frerk (Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten, Projektleiter "Kirchen als politische Akteure")
  • Claude Singer (Paris, Vorstandsmitglied von Libre Pensée)
  • Heinke Först (Libre Pensée)

Berlin, Haus der Demokratie, Greifswalder Str. 4, Robert-Havemann-Saal
5. März 2015, 11 Uhr

Siehe auch:

Grenzenlose Kirchensteuer-Abzocke in Berlin

Wenn es darum geht, Menschen, die mit der Kirche nichts mehr zu tun haben wollen, doch noch irgendwie das Geld aus der Tasche zu ziehen, ist die Kirchensteuerstelle Berlin sehr erfindungsreich. Bekannt sind Fälle, in denen neu Zugezogene aufgefordert wurden, ihren teilweise Jahrzehnte zurückliegenden Kirchenaustritt nachzuweisen. Wenn sie die Austrittsbescheinigung nicht mehr vorweisen konnten, wurden sie zur erneut zur Kasse gebeten und mussten zum zweiten Mal austreten.

Eine unangenehme Überraschung erleben auch Menschen aus Ländern ohne Kirchensteuer, die bei der Frage nach der Konfession beispielsweise „katholisch“ angeben und daraufhin feststellen, dass von ihrem Gehalt Kirchensteuer einbehalten wird.

Einen Schritt weiter ging die Kirchensteuerstelle Berlin nun bei beim Franzosen Thomas Bores, der bei seiner Anmeldung „keine Religion“ angegeben hatte: Sie fragte bei der Diözese in Frankreich nach und stellte fest, dass der Betreffende katholisch getauft worden war. Er hatte seit seiner Taufe als Kind, bei der nicht gefragt worden war, nie etwas mit der Kirche zu tun gehabt und war nun einigermaßen schockiert, als von seinem Gehalt Kirchensteuer einbehalten wurde.

Da es in Frankreich keine Kirchensteuer gibt, kann man auch nicht wie in Deutschland austreten. Es gibt jedoch die Möglichkeit, sich aus dem Taufregister streichen zu lassen. Um den Kirchenaustritt in Deutschland wird Bores allerdings nicht herum kommen, wenn er nicht weiter Kirchensteuer zahlen will. Auf seinem Blog hat er den Fall geschildert.

Siehe auch: Datenschutzverletzung zugunsten der Kirchen

WDR Stadtgespräch: Wer bezahlt den Deutschen Katholikentag?

Es war zwischenzeitlich etwas ruhig geworden um die Frage, ob die Stadt Münster den Katholikentag 2018 finanziell fördern soll. Sie ist aber noch nicht abschließend geklärt und noch immer gibt es Bestrebungen im Stadtrat von Seiten der CDU-Fraktion, einen Zuschuss zu gewähren. Doch auch der Protest, initiiert durch die Aktion "11. Gebot", hält an. Nun lädt der WDR alle Interessierten ein zum Stadtgespräch

am Mittwoch, 18.02.2015, 18.00 Uhr

im LWL-Museum
Domplatz 10
48143 Münster

Über die Frage "Wer bezahlt den Deutschen Katholikentag?" diskutieren auf dem Podium u.a. Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken und Carsten Frerk, Politologe und Buchautor, Giordano-Bruno-Stiftung. Die Diskussion wird am 19.02.2015 um 20:05 Uhr auf WDR 5 gesendet.

Drei Vorträge „Kirchenfinanzen“ mit Carsten Frerk in Niedersachsen

„Kirchenfinanzen – Wie der Staat die Kirchen finanziert“ – zu diesem „heißen“ Thema hat der IBKA-Landesverband Niedersachsen-Bremen Carsten Frerk, Berlin gleich für drei Veranstaltungen in Niedersachsen gewinnen können.

Die erste Veranstaltung fand am 26.11.2014 im Freizeitheim Linden in Hannover statt. Etwa 20 BesucherInnen wollten sich informieren und hatten auch Fragen mitgebracht. Der Referent ging zunächst auf das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht ein und berichtete auch vom ersten Treffen von Konfessionslosen und Verfassungsrichtern in Karlsruhe, das wenige Tage vorher stattgefunden und an dem er teilgenommen hatte.