1978 - Meldungen 250-272 Westeuropa England (250) Jul 1978. Der britische Thronfolger Prinz Charles griff die katholische Kirche an, weil sie anläßlich der Hochzeit seines Vetters Prinz Michael von Kent mit der Baronin von Reibnitz den kirchlichen Segen verweigert hatte. Daraufhin empfahl der Erzbischof von Glasgow, Thomas Winning, dem britischen Thronfolger, er solle sich lieber mit dem Aspekt befassen, daß es laut Gesetz einem Katholiken untersagt sei, britischer König zu werden. Frankreich (251) Sep 1978. Den Wallfahrtsort Lourdes besuchten nach einem Bericht der westdeutschen Presseagentur dpa 1977 über vier Millionen Pilger und Touristen. Rund 400 Wallfahrten sind für 1978 angemeldet gewesen. Der Legende nach hatte das Mädchen Bernadette Soubirous 1858 18mal die Mutter Maria erblickt, eine "heilkräftige" Quelle begann zu sprudeln, die Marienerscheinung befahl den Bau einer Kirche und Prozessionen nach Lourdes. Inzwischen kann man das Wasser von Lourdes in Plastikflaschen in Marienform mit abschraubbarem Kopf füllen oder auch in Pastillenform erwerben. Die Andenkengeschäfte sind bis 23 Uhr geöffnet und verkaufen von innen erleuchtete "Jungfrauen mit Batterie", Plastikstatuen für 30 Pfennig oder 1,50 Meter hohe Mutter-Gottes-Figuren für 320 Mark. Italien (252) Jul 1978. In einem Berufungsverfahren wurden der amerikanische Schriftsteller Robert Katz ("Tod in Rom"), der griechische Filmregisseur Yorge Pan Kosmatos und Filmproduzent Carlo Ponti von der Anklage der Verleumdung Papst Pius XII. freigesprochen. Die Genannten hatten Pius XII. in dem Film "La Repressaglia" vorgeworfen, im März 1944 von der bevorstehenden Erschießung von 335 Geiseln in den Ardeatinischen Steinbrüchen bei Rom gewußt und nichts zu deren Rettung unternommen zu haben. Eine Nichte des verstorbenen Papstes, Contessa Elena Rossignani, hatte Strafantrag wegen Verleumdung gegen Autor, Regisseur und Produzent gestellt. In erster Instanz wurde Katz zu einem Jahr und zwei Monaten, Kosmatos und Ponti zu je sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und sprach die Angeklagten frei, weil der "Tatbestand kein strafwürdiges Vergehen darstellt" und eine historische Gestalt wie Pius XII. keine "private Persönlichkeit" mehr besitze. Österreich (253) Jul 1978. Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Franz König, kritisierte im Österreichischen Fernsehen das am 1. Juli 1978 in Kraft tretende neue Scheidungsrecht, das den katholischen Vorstellungen von Wert und Sinn der Ehe widerspreche. Portugal (254) Jul 1978. Der Erzbischof von Braga/Nordportugal, Enrico Dias Nogueita, erklärte in einer Predigt, daß fast die ganze Bevölkerung Portugals christlich sei, daß sie jedoch von einer Handvoll Atheisten und Materialisten regiert werde. Spanien (255) Okt 1978. Die geplante Kirchensteuer kann 1979 noch nicht eingeführt werden. Als "Übergangslösung" wird der Staat seine Zuwendungen an die katholische Kirche beträchtlich erhöhen. Afrika Ägypten (256) Aug 1978. Die Regierung in Kairo ordnete eine einwöchige Staatstrauer zu Ehren des verstorbenen Papstes Paul Vl. an. Israel (257) Sep 1978. Ein Berater des israelisehen Staatspräsidenten, Michael Schaschar, kritisierte in der Tageszeitung Jedijot Aharonot den Vatikan in Hinblick auf seine Politik gegenüber Israel. Seit der Gründung des Judenstaates habe sich dessen Einstellung nur geringfügig geändert, während man gegenüber dem kommunistischen Block durchaus "Realpolitik" betreibe und die kommunistischen Staaten trotz aller theologischer Bedenken diplomatisch anerkenne. Marokko (258) Aug 1978. Beim König von Marokko wurde ein "Missionsbeauftragter" des Vatikans ernannt. Bisher gab es keine direkte diplomatische Vertretung des Vatikans in Rabat. Sambia (259) Sep 1978. Auf Vorschlag des sambischen Presseklubs zeichnete Staatspräsident Kenneth Kaunda zum zweiten Mal die Produktionsgesellschaft für Massenmedien der christlichen Kirche, "Multimedia Sambia", mit dem nationalen Pressepreis für "hervorragende Gestaltung religiöser Rundfunkprogramme" aus. Somalia (260) Sep 1978. Der Präsident der Republik Somalia, General Mohamed Siad Barre, wurde von Papst Johannes Paul I. als erster Somali-Staatschef in Audienz empfangen. Der Vatikan und Somalia unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Tansania (261) Sep 1978. Der Erzbischof von Daressalam, Kardinal Laurean Rugambwa, hat das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der Regierung als "sehr gut" bezeichnet. Bei einem Besuch in Wien erklärte der tansanische Kardinal, seine Kirche sei "vor allem eine freie und in ihrer Amtsausübung völlig unbehinderte Gemeinschaft". Lateinamerika Argentinien (262) Aug 1978. Während eines von einem protestantischen Prediger geleiteten mehrtägigen exorzistischen Rituals haben Indios in einer Reservation im Süden Argentiniens eine 23jährige Frau mit Tomahawks und Fleischerhaken totgeschlagen sowie drei Kinder im Alter von zwei, fünf und neun Jahren "geopfert", weil sie angeblich "vom Teufel besesssen" waren. Chile (263) Aug 1978. Nach Auskunft des Provinzials der chilenischen Ordensprovinz der Steyler Missionare, Pater Carlos Pape, überflutet Chile zur Zeit eine religiöse Erneuerungsbewegung. Das Erwachen der Kirche manifestiere sich in den zahlreichen neuen Priesterseminaren des Landes, in denen gegenwärtig 270 Seminaristen studierten. Guayana (264) Nov 1978. Anhänger der 1977 aus San Francisco in den Dschungel von Guayana abgewanderten Sekte "Tempel des Volkes" erschossen aus dem Hinterhalt den demokratischen US-Kongreßabgeordneten Leo Ryan, drei Reporter und eine Frau. Die Ermordeten waren Teilnehmer einer 25köpfigen Gruppe, die im Dschungeldorf "Jonestown" (benannt nach dem Sektenführer Jim Jones) nach dem Verbleib junger Amerikaner suchten, die der Tempelsekte beigetreten waren. Nach dem Attentat zwang Sektenführer Jones seine Anhänger zum Massenselbstmord. Über 900 Angehörige des "Volkstempels" nahmen sich durch Gift das Leben. Peru (265) Sep 1978. Die katholischen Bischöfe haben in der Auseinandersetzung um die neue Staatsverfassung darauf verzichtet, die katholische Religion wie bisher zur Staatsreligion unter Ausschluß der anderen Konfessionen zu proklamieren. Statt dessen forderten die Bischöfe eine verfassungsrechtliche Garantie der Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat. Asien und Ozeanien VR China (266) Aug 1978. Wie die bischofsnahe Madrider Zeitung Ya mitteilte, hat das spanische Königspaar bei seinem Staatsbesuch in Peking auf Ersuchen des Vatikans "sondiert", ob mit der Volksrepublik China über eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen dem Vatikan und Peking gesprochen werden könne. (267) Sep 1978. Die chinesische Führung plant die Wiedereröffnung einer anglikanischen Kirche in Peking. Neben einer katholischen und einer methodistischen wird die anglikanische die dritte offiziell zugelassene Kirche in Peking sein. Fidschi (268) Sep 1978. Der Vatikan wird auf den Fidschi-Inseln eine Apostolische Nuntiatur errichten, die lnselregierung eine Botschaft beim Heiligen Stuhl. Hongkong (269) Okt 1978. Die noch junge katholische Kirche in der britischen Kronkolonie wächst rasch an. Im Schnitt werden jährlich etwa 2500 Erwachsene und ebenso viele Kinder getauft. In Stichworten Dialog Marxisten-Christen (270) Sep 1978. Im Rahmen des 16. Weltkongresses für Philosophie in Düsseldorf kam es zu einem gemeinsamen Symposium der amerikanischen Gesellschaft zum philosophischen Studium des Marxismus und der Paulusgesellschaft. Die in der Paulusgesellschaft mitarbeitenden Marxisten ließen nach Meinung katholischer Gesprächsteilnehmer eine verstärkte Dialogbereitschaft gegenüber den christlichen Vertretern erkennen. Da man sich über ideologische Grundprobleme ohnehin nicht einigen könne, gelte es den Kampf um das Überleben der Menschheit voranzutreiben. Der Frankfurter Marxist Robert Steigerwald erklärte: "Wir Marxisten sind davon überzeugt, daß es zum Ringen für den gesellschaftlichen Fortschritt auf der Erde keine Alternative gibt." Künstliche Befruchtung (271) Aug 1978. Die Geburt der durch künstliche Befruchtung gezeugten Louise Brown in England hat in katholischen Kreisen unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während Vatikansprecher Panciroli das "Retortenbaby" kategorisch ablehnte, haben sich einige Moraltheologen zu dieser Frage zurückhaltend positiv geäußert. Weltkonferenz der Religionen (272) Sep 1978. In Rom fand ein Treffen des "Europäischen Komitees der Weltkonferenz der Religionen für den Frieden" (WCRP) statt. Die Katholische Nachrichten-Agentur berichtete über diese Konferenz: "Beobachter und Teilnehmer des römischen Treffens hatten den Eindruck, daß die Vertreter der Weltreligionen ganz hohe Erwartungen an den Papst stellen, der für sie mehr und mehr Ausdruck der gläubigen Menschheit Oberhaupt zu werden scheint." Book traversal links for 1978 - Meldungen 250-272 ‹ 1978 - Meldungen 142-202 Up 1979 - Meldungen 273-297 › Printer-friendly version