Aufruf zum Buch-Boykott durch Münsteraner Bischof

Der Münsteraner Bischof Felix Genn kritisiert den neuen Roman "Dinge, die ich von ihm weiß" von Roland E. Koch. Die erfundene Erzählung dichtet Kardinal von Galen (1878-1946) eine Liebesbeziehung zu einer fiktiven Haushälterin an. Grund genug für den Bischof, zum Boykott aufzurufen: "Wenn Sie können, kaufen Sie solche Bücher nicht."

Nach der zunächst gelassenen Reaktion des Bistumssprechers Karl Hagemann - "Wenn es ausdrücklich ein Roman ist, gilt die Freiheit der Kunst. Da kann man auch erfinden, dass Kanzler Adenauer mit zehn arabischen Frauen 100 Kinder hatte." – schwenkte das Bistum laut der Münsterschen Zeitung um. In einer offiziellen Pressemitteilung heißt es: "Das Bistum Münster nimmt mit Bedauern vom abwegigen und teilweise absurden Inhalt des Romans Kenntnis und distanziert sich von der dortigen fiktionalen Darstellung von Galens." Der Roman sei insbesondere angesichts der historischen Leistungen von Galens unangemessen.

Hintergrund:

Der 2005 seliggesprochene Clemens August Graf von Galen besitzt in katholischen Kreisen einen gewissen Kultstatus ("Der Löwe von Münster"). Ihm wird Widerstand gegen den Nationalsozialismus nachgesagt, da er sich gegen die Euthanasiemorde behinderter Menschen während des NS-Regimes aussprach. Bei genauerer Betrachtung der historischen Fakten fällt jedoch auf, dass von Galen den nationalsozialistischen Judenhass billigte. In demselben Hirtenbrief vom 14. September 1941, in dem er die Tötung von Geisteskranken scharf kritisierte, "nannte es der Bischof von Münster eine ›Befreiung von einer ernsten Sorge und eine Erlösung von schwerem Druck‹, daß ›der Führer und Reichskanzler‹ am 22. Juni 1941 (anläßlich des Überfalls auf die Sowjetunion) den ›Russenpakt‹, also den deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939, für erloschen erklärt habe. Galen zitiert in diesem Zusammenhang zustimmend Hitlers Wort von der ›jüdisch-bolschewistischen Machtherrschaft‹ in Moskau." (Der Spiegel, 17.11. 2003)