1991 - Meldungen 1469-1534

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  • (1529) Brasilia/Rio de Janeiro. Der jüngste Papstbesuch geriet für den Pontifex zu einer einzigen Enttäuschung. Die Besucherzahlen bei Papstauftritten lagen erheblich unter denen von 1980. In Natal kamen statt der erwarteten 400.000 lediglich (kirchenoffiziell) 130.000 Schaulustige, in anderen Orten waren es sogar nur "Zehntausende". Umso stärker meldeten sich Kritiker von allen Seiten zu Wort.

    Die enormen Kosten von rund 25 Millionen Dollar, die das verarmte Land zu tragen hat, riefen weithin Unverständnis hervor. Allein die provisorische Zelt-Empore vor den Kuppeln des Parlaments in Brasilia (kurioserweise angefertigt von dem weltberühmten Architekten und unbeugsamen Altkommunisten Oscar Niemeyer, der sogar den Putsch gegen Gorbatschow begrüßte) kostete den Bundesdistrikt statt der veranschlagten 50.000 fast 400.000 Dollar.

    Vertreter der übriggebliebenen Indianer, die sich vehement gegen die Absicht der Kirche wandten, im kommenden Jahr den Beginn der Missionierung Amerikas zu feiern, wurden mit einer vorformulierten und abgelesenen Erklärung abgespeist, in der der Papst die Blutopfer der Indianer unerwähnt ließ, aber der "wertvollen und opferbereiten Missionare" gedachte. "Die Kolonisierung und Christianisierung Brasiliens überlebten schätzungsweise fünf Prozent der indianischen Urbevölkerung. Zur Zeit gibt es noch rund 230.000 Indianer in Brasilien." (Zitat SZ v. 18.10.91)

    Auch sozial engagierte Priester und Befreiungstheologen reagierten enttäuscht. Zwar mahnte Wojtyla eine Landreform an, verurteilte aber jede Besetzung von Ländereien. Unter keinem Vorwand sei es gerechtfertigt, jemandem Schaden zuzufügen oder Eigentum zu besetzen. (In Brasilien konzentrieren sich rund 60 % des Ackerlandes in den Händen von 2 % der Grundbesitzerfamilien.) In den Städten bekam das katholische Oberhaupt die Probleme nicht zu Gesicht: Während des Papstaufenthalts wurden die 300 Straßenkinder der Stadt Goiania kurzerhand eingesperrt. Die Priester wies der Pontifex an, sich aus der Politik herauszuhalten; die "Präferenz für soziale Probleme" erzeuge "fortschreitende Entleerung des Glaubensinhalts". Der sozial orientierte Bischof Casaldaldiga faßte die Vorbehalte weiter Teile der Bevölkerung zusammen: "Die Päpste gehen, aber die Armen bleiben". Der Theologe Boff sowie katholische europäische Missionsexperten hatten schon im Vorfeld der Visite betont, die Kirche sei mitschuld an den heutigen sozialen Verhältnissen in Lateinamerika, und angesichts der Verbrechen bei der Missionierung seien, so der Geschäftsführer des Missionswerks Adveniat, Prälat Spelthahn, in der Kirche keine Jubelfeiern, sondern Schuldbekenntnis und Reue angebracht.

    Von den rund 155 Millionen Einwohnern gelten offiziell rund 80 Prozent als katholisch; Brasilien gilt damit als das Land mit den meisten Katholiken. Zu einem negativeren Ergebnis kam der Präsident der nationalen katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Almeida, auf dem IV. Lateinamerikanischen Missionskongreß im Februar 1991 in Lima: "Im Jahre 1980 bekannten sich in Brasilien 82 Prozent zum Katholizismus, heute sind es nur noch 76,2 Prozent." Für die Jahrtausendwende sagt der konservative Bischof Kloppenburg einen katholischen Anteil von nur mehr 65 % voraus; 1940 waren es noch 95 %. Dagegen wachsen die aggressiven evangelikalen Sekten jährlich um 600.000 Mitglieder und zählen bereits zwischen 16 und 20 Millionen Anhänger. (Süddeutsche Zeitung, 9., 14., 15., 16., 17., 18., 21. u. 23.10.91; Frankfurter Rundschau, 9.9., 14. u. 15.10.91; KNA, 24.9.91; Augsburger Allgemeine, 26.10.91)

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