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(52) Mai 1977. Der Mitinitiator der Bewegung "Christen für den Sozialismus", Giulio Girardi, ist auf
Betreiben des Vatikans von allen priesterlichen Ämtern suspendiert und aus dem Salesianerorden ausgeschlossen worden. 1969
wurde Girardi als ordentlicher Professor für Theoretische Philosophie an der Salesianer-Hochschule in Rom und als damaliger
Mitarbeiter des vom Wiener Kardinal König geleiteten Sekretariats für die Nichtglaubenden von seiner Lehrtätigkeit entbunden
und auf den Lehrstuhl für Marxistische Philosophie am "Institut catholique" nach Paris geschickt. 1973 verlor Girardi auch
diese Anstellung, dazu 1974 die Lehrbefugnis an dem von Jesuiten geleiteten internationalen Institut "Lumen vitae" in Brüssel.
Der Marxismus-Kenner Girardi propagiert die Vereinbarkeit des Christentums mit dem Marxismus.
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(53) Jun 1977. Die gesamte christliche Bildungsarbeit müsse in einen weltumspannenden missionarischen
Rahmen gestellt werden, erklärt Paul Vl. in seiner Botschaft zum Weltmissionstag am 23.Oktober 1977. An der Schwelle des
dritten Jahrtausends seiner Geschichte dürfe das Christentum eine neue Phase in der Verkündigung des Evangeliums
erwarten.
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(54) Jul 1977. Die vatikanische Kongregation für das katholische Bildungswesen hat am 5.Juli 1977
nach fünfjähriger Vorbereitungszeit das Dokument "Die katholische Schule" veröffentlicht. Nach Aussage des Präfekten dieser
Kongregation, Kardinal Gabriel-Marie Garrone, blieben die katholischen Schulen mit ihren derzeit über 25 Millionen Schülern auf
der ganzen Welt" weiterhin jenes privilegierte Instrument für die Verkündigung des Evangeliums, als das das Zweite Vatikanische
Konzil sie definiert und hervorgehoben hat".
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(55) Aug 1977. Jesuitengeneral Arrupe erklärte nach Rückkehr von einer Moskau- und Asien-Reise in
Rom, in der Sowjetunion habe die Religion Zukunft. Von den höchsten Würdenträgern des russisch-orthodoxen Patriarchats sei er
mit großer Herzlichkeit empfangen worden.
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(56) Aug 1977. Der Vatikan geht langfristig von der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur
Volksrepublik China aus. 1975 wurde an der Urbaniana-Universität der Vatikanischen Kongregation für Weltmission die "Abteilung
für chinesische Studien" gegründet. Sie besorgt die Sichtung und Auswertung des China-Materials, pflegt ökumenische Kontakte
und beschäftigt sich mit der Entwicklung einer den Eigenheiten der chinesischen Kultur und Sprache angepaßten modernen
Theologie. Dabei soll der in China noch immer weitverbreiteten Lehre des Konfuzius besondere Beachtung geschenkt werden. Das
wachsende, jetzt auch für die Öffentlichkeit sichtbar gewordene Interesse des Vatikans an der VR China drückt sich u.a. in
seiner sogenannten Missionsgebetsmeinung für August 1977 aus. Darin wird die Hoffnung ausgesprochen, "daß der Heilige Geist
neue Mittel und Wege weise, um das Reich Christi in China zu verkünden".
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(57) Aug 1977. Radio Vatikan weicht einer konkreten Stellungnahme zur Neutronenbombe aus.
Nichtssagende Hinweise auf Hiroshima ("unvergeßliche Mahnung") und allgemeine Aufforderungen ("aus einer moralischen Haltung
heraus konkret auf nukleare Abrüstung hinzuwirken") sind der einzige papierne "Protest" einer Institution, die selbst ihre
Gewinne aus Rüstungsunternehmen zieht.
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(58) Aug 1977. Für impotente Männer, die den Geschlechtsakt nicht zu Ende führen könnten, dürfe keine
kirchliche Einwilligung zur Eheschließung gegeben werden. Der Tatbestand der Impotenz mache auch eine schon formell
geschlossene Verbindung ungültig, entschied die Vatikanische Kongregation für die Glaubenslehre (Präfekt: Franjo Seper,
Agram).
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(59) Sep 1977. In der Generalaudienz am 7.September hat Papst Paul Vl. die katholischen Christen zur
bedingungslosen Treue gegenüber dem kirchlichen Lehramt aufgefordert. Die Glaubensdogmen könnten auf vielfältigste Weise
erläutert, aber nie in ihrer Grundsubstanz veränderte werden.
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(60) Okt 1977.Die Teilnehmer der Bischofssynode in Rom beklagten die fortschreitende Säkularisierung
vornehmlich in den hochentwickelten industrialisierten Gesellschaften, deren Folge ein weiterer Verfall der Grundwerte
sei.
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(61) Okt 1977. Der Osservatore Romano hat - erstmals seit zwei Jahren - zum Nahostkonflikt Stellung
genommen. In großer Aufmachung verurteilt das Vatikanorgan die israelitische Siedlungspolitik in Westjordanien.
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(62) Okt 1977.Die bayerischen Bischöfe informierten den Papst über die Situation in ihren Bistümern.
Paul Vl. äußerte sich anerkennend über das Volk der Bayern, das "von Liebe zur Kirche, zu ihrer echten Tradition und von
Gehorsam zum Nachfolger Petri durchdrungen" sei.
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(63) Nov 1977. Der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen beschloß die Aufnahme von
Vatikanvertretern als beratende Mitglieder in seine Regionalkommissionen Asien, Afrika und Lateinamerika.
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(64) Nov 1977. Der katholische UN-Generalsekretär Waldheim besetzt neuerdings Lehrstühle an der
Universität der Vereinten Nationen in Tokio mit katholischen Professoren. So wurde der bisherige Rektor der Katholischen
Universität von Lima, Felipe Mac Gregor SJ, von Waldheim nach Tokio berufen.