Grüne Anbiederung an die Kirchen?

Pressemitteilung

Wahlkampf 98: Grüne Anbiederung an die Kirchen? IBKA kritisiert den neuen Programmentwurf von Bündnis 90/Die Grünen

Mit Bestürzung registriert der Internationale Bund der Konfessionslosen und AtheistInnen (IBKA) den sich abzeichnenden Richtungswechsel in der Kirchenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen. Standen die kirchenpolitischen Konzepte im Wahlprogramm von 1994 noch unter dem Stichwort "Trennung von Staat und Kirche", lautet die Überschrift des neuen Programmentwurfs nun unverbindlich, aber vielsagend: "Verhältnis von Staat und Kirche neu bestimmen". Gänzlich verschwunden ist im neuen Entwurf die einst verbindliche Forderung nach einer Aufhebung der staatlich geförderten Missionierung in Form des konfessionellen Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen. Statt dessen werden die Kirchen nun als "wichtiger Bündnispartner ... im Kampf gegen die Ellenbogengesellschaft" erkannt - was in Teilbereichen vielleicht zutreffen mag, aber unterschlägt, daß die Kirchen selbst in der Regel ihre gesellschaftlichen Machtpotentiale mit rücksichtslosem Ellenbogeneinsatz erweitern. (Daß Bündnis 90/Die Grünen ihre offensichtlich werdende kirchenpolitische Naivität untermauern, indem sie den aggressiven Machtapparat "Kirche" mit den harmlos-sympathischen, institutionell unbedeutenden Versuchen einer "Kirche von unten" verwechseln, sei hier nur am Rande erwähnt.)

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und AtheistInnen fordert die Partei Bündnis 90/Die Grünen auf, ihre kirchenpolitischen Konzepte gründlich zu überdenken. "Neue Formen der Finanzierung der Arbeit im gesellschaftspolitischen Bereich" sollten nicht - wie der Programmentwurf vorsieht - mit "Kirchen, Religionsgemeinschaften und Gläubigen" ausdiskutiert werden, sondern auch - und vor allem! - mit den Leidtragenden der bestehenden weltanschaulichen Mißverhältnisse, d.h. mit den Konfessionslosen (nahezu ein Drittel der Gesellschaft!) und den Zwangskonfessionalisierten (schätzungsweise weitere Hunderttausend, die aufgrund der Vormachtstellung der Kirchen im sozialen Bereich aus ökonomischen/sozialen Gründen zur Kirchenmitgliedschaft gezwungen sind.)