1981 - Meldungen 407-420

Westeuropa

BRD

• (407) Mrz 1981. An den Folgen einer qualvollen Teufelsaustreibung durch ihre Mutter starb in Neumünster die sechsjährige Daniela S. Wie die Kieler Mordkommission mitteilte, hatte die einer religiösen Sekte angehörende 24jährige Doris S. ihr Kind wochenlang gequält und schließlich erwürgt. Nach Meinung der Frau war ihre Tochter vom "Bösen" befallen, das sie ausgetrieben habe. (Vgl. Frankfurter Rundschau vom 17. März 1981.)

• (408) Mrz 1981. Der geistliche Chefredakteur des Würzburger katholischen Sonntagsblatts, Helmut Holzapfel, der wegen antisemitischer Äußerungen in einer Artikelserie unlängst Schlagzeilen machte und gegen den verantwortlichen MIZ-Redakteur Schütte gegenwärtig mit einer Beleidigungsklage prozessiert (vgl. MIZ 1/81, S. 19), hat erneut Aufsehen erregt. In einer Rezension über die Fernsehsendung "Warum haben 1933 so viele Protestanten Hitler gewählt?" führte Holzapfel in seinem Kirchenblatt aus: "Die protestantischen Kreise hatten damals kein Verhältnis zur Weimarer Republik. Auch heute fehlt vielen ein gesundes Verhältnis zu unserer Demokratie. Daher die Anfälligkeit für sogenannte Umweltschützer, Wehrdienstgegner und Hausbesetzer. Viele lernen eben nichts aus der Geschichte." - Der Diözesanrat der Diözese Würzburg hat sich von den Äußerungen Holzapfels distanziert, weil er sie "für unrichtig hält und weil durch sie die ökumenischen Bemühungen beeinträchtigt werden". (Vgl. Frankfurter Rundschau vom 21. und 23. März 1981.) - Der Duisburger Jurist Heinz J. Sehr hat bei der Staatsanwaltschaft des Landgerichts Würzburg Strafantrag gegen Holzapfel wegen "des dringenden Verdachts der Vergehen gegen §§ 130, 185 StGB" gestellt. Der Beschuldigte habe sich nach den Ausführungen der Frankfurter Rundschau "in teils abfälliger, teils beleidigender und verhetzender Weise gegenüber den Protestanten in der Bundesrepublik Deutschland geäußert".

• (409) Mai 1981. Die Arbeit der Polizei hat der Oberkirchenrat des evangelischen Kirchenkreises Augsburg, Walter Rupprecht, in einem Schreiben an Schwabens Polizeipräsident Kaestl gewürdigt. Wörtlich heißt es in dem Brief: "Unsere Kirche weiß, was der Dienst der Polizei für unseren Staat und unsere Gesellschaft bedeutet, welche Einsatzbereitschaft damit verbunden ist und welchen Mißverständnissen und Angriffen der Polizeibeamte immer wieder ausgesetzt ist." Der Dienst der Polizei gehöre nach dem Verständnis der Kirche zu dem "weltlichen Regiment Gottes", das in dieser Welt das Zusammenleben der Menschen untereinander ermögliche und vor Gewalt und Unrecht schützen wolle. (Vgl. Augsburger Allgemeine vom 16. Mai 1981.)

• (410) Mai 1981. Bayerns Kultusminister Hans Maier hat den Ordensschulen aufgrund ihrer weltanschaulichen Bindung ein weites Betätigungsfeld in der heutigen Bildungslandschaft zugewiesen. In einem Vortrag zur Gründungsfeier der christlichen Schulen in Illertissen erklärte Maier, kaum ein anderes Land innerhalb deutscher Grenzen sei in kultureller Entwicklung und in der Gestaltung seines Schulwesens der Kirche und den Klöstern enger verbunden als Bayern. Privatschulen sollten nach Maiers Worten eine Alternative zum öffentlichen Schulwesen im Sinne des Miteinanders darstellen. Von der Ordensschule werde in besonderem Maße das verstärkte Bemühen um die Erziehung der Jugend über die bloße Wissensvermittlung hinaus erwartet. In heutiger Zeit sei der Entwicklung des Gemüts Aufmerksamkeit zu schenken, und es wäre wünschenswert, wenn von daher die Klosterschulen eine Signalwirkung auch auf die öffentlichen Schulen ausüben würden. (Vgl. Augsburger Allgemeine vom 13. Mai 1981.)

• (411) Jun 1981. Nach einem Beschluß des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom 12. Juni 1981 haben Gewerkschaften kein Recht, "von außen" auf Arbeitnehmer in kirchlichen Kindergärten, Krankenhäusern und Altenheimen einzuwirken, ausgenommen Gewerkschaftsmitglieder in den Kirchen selbst (Aktenzeichen 2 BvR 384/78 - Beschluß vom 17. Februar 1981). In erster Linie hatten die Karlsruher Verfassungsrichter darüber zu entscheiden, ob den Gewerkschaften aus Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes ein Recht zusteht, in karitativen Einrichtungen der Kirchen durch Gewerkschaftsbeauftragte, die in den betreffenden Einrichtungen selbst nicht beschäftigt sind, zu informieren, zu werben und Mitglieder zu betreuen. Dieses koalitionsrechtliche oder berufsverbandliche Zutrittsrecht war am 14. Februar 1978 vom Bundesarbeitsgericht hinsichtlich der kirchlichen Einrichtungen anerkannt worden, in denen Beschäftigte bereits der Gewerkschaft angehören. Die Karlsruher Richter hoben nun in ihrer Beschlußbegründung hervor, daß eine gewerkschaftliche Betätigung verfassungsgemäß nur insoweit verbürgt sei, als diese für die Erhaltung und Sicherung des Koalitionsrechtes (Fähigkeit des Zusammenschlusses der Arbeitnehmer) als unerläßlich betrachtet werden müsse. Weiter begründete der Senat, die Anerkennung eines koalitionsrechtlichen Zutritts für anstaltsfremde Gewerkschaftsbeauftragte würde das verfassungsmäßige Selbstbestimmungsrecht der kirchlichen Einrichtungen aus Artikel 140 Grundgesetz (in dem Rechte und Pflichten der Kirchen festgeschrieben sind) in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsverfassung verletzen. Dieses kirchliche Selbstbestimmungsrecht könne nur durch ein "für alle geltendes Gesetz" eine verfassungsrechtlich zulässige Einschränkung erfahren. Ein solches Gesetz gebe es nicht, weshalb dem Zutrittsbegehren der Gewerkschaft die Rechtsgrundlage fehle. Laut BVG ist für betriebsfremde Gewerkschaftsangehörige ohne berufsverbandliches Zutrittsrecht eine Gefährdung der Erhaltung und Sicherung der Koalitionen (Zusammenschlüsse) mit Sicherheit da auszuschließen, wo die Gewerkschaft bereits durch Mitglieder vertreten ist. In diesen Fällen könnten sich die Koalitionen nicht nur den Betriebsangehörigen gegenüber außerbetrieblich uneingeschränkt betätigen, sondern durch ihre zur Belegschaft zählenden Mitglieder auch innerbetrieblich die ihrem Fortbestand dienenden Rechte ausreichend wahrnehmen. Es bestehe keine Möglichkeit, an die betriebsverfassungsrechtliche Zwangsregelung (Paragraph 2 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz) in "richterlicher Rechtsfortführung ein allgemeines gewerkschaftliches Zutrittsrecht zu entwickeln". - Als eine "Herausforderung für alle Arbeitnehmer" hat die Gewerkschaft ÖTV das Karlsruher Urteil kritisiert. Das BVG habe das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen über die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit gestellt, die nach gewerkschaftlichem Verständnis auch das Zugangs-und Informationsrecht für Gewerkschaftsbeauftragte umfassenden über 550.000 Beschäftigten der Kirchen als zweitgrößtem Arbeitgeber in der BRD würden grundlegende Arbeitnehmerrechte vorenthalten, rügte die ÖTV, die von einer "gewerkschaftsfeindlichen Tendenz" des Karlsruher Urteils und einer "Gefährdung des sozialen Friedens" sprach. "Die Kirchen haben den Kampf um ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den eigenen Mitarbeitern verloren." Der Widerspruch zwischen wohlmeinenden Worten zur Arbeiterbewegung und einer krassen "Herr-im-Haus-Politik" als Arbeitgeber sei offensichtlich. - Klägerin des Ausgangsverfahrens in Karlsruhe war die Gewerkschaft ÖTV. Mit seinem Beschluß vom 12. Juni 1981 gab das BVG der Verfassungsbeschwerde der zum Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche gehörenden "Orthopädischen Anstalten Volmarstein" (Westfalen) statt. Hier war Mitte der siebziger Jahre von einigen der 900 Beschäftigten eine ÖTV-Betriebsgruppe gegründet worden, die am "Schwarzen Brett" Informationsmaterial durch betriebsfremde Gewerkschafter aushängen lassen wollte. Die Leitung des Rehabilitationszentrums untersagte ein solches Vorhaben und rief das Bundesarbeitsgericht an. Im bereits genannten Urteil vom Februar 1978 legte sich das Bundesarbeitsgericht eindeutig fest: "Der Gewerkschaft selbst muß das Recht eingeräumt werden, dort zu informieren, wo sich das Arbeitsleben abspielt, nämlich in den Betrieben." Dagegen legten die Volmarsteiner Verfassungsbeschwerde ein. (Vgl. Frankfurter Rundschau vom 13. Juni 1981, Augsburger Allgemeine vom 16. Juni 1981, druck und papier Nr. 13 vom 29. Juni 1981). - Bereits Anfang 1981 schrieb der stern (in Nr. 6/81 vom 29. Januar) zur kirchlichen Verfassungsbeschwerde: "Mit ihrem Gang nach Karlsruhe starten die beiden Kirchen den letzten Versuch, gewerkschaftliches Engagement unter den eigenen Beschäftigten klein zu halten. Denn zuvor waren die christlichen Arbeitgeber bereits in über 60 Fällen vor dem Kadi damit gescheitert, betriebsfremden Gewerkschaftern am kirchlichen Arbeitsplatz die Werbungsund Informationsarbeit zu verbieten ... Sie fürchten auch um den Bestand ihres selbst entwickelten Arbeitsrechts. Diese Arbeitsbestimmungen für Kirchenbedienstete kennen keine Tarifverträge, dulden keinen Betriebsrat und verbieten jede Form von Arbeitskampf ... Bisher sind unter ihnen (den Kirchenbediensteten, MIZ) nur rund 12 Prozent in der Gewerkschaft. Die ÖTV: Die wenigen organisierten Kollegen sind einem großen Druck ausgesetzt. Die Kirche hat Methoden entwickelt, die den 'Dienern des Herrn' nicht zur Ehre gereichen." ... Um den acht Verfassungsrichtern das Problem deutlich vor Augen zu führen, haben sie (die Kirchen, MIZ) ihrer Klageschrift eine mit dem religiösen Selbstverständnis unvereinbare Karikatur aus einer Gewerkschaftszeitung beigelegt, Text: 'Hochwürden, die kirchlichen Mitarbeiter sind unterbezahlt!' Antwort des Geistlichen: 'Im Jenseits wird ihnen gerechter Lohn widerfahren.'"

BRD/Westberlin

• (412) Jun 1981. Ein "Schlag ins Wasser" wurden die mit einem Werbeetat von 2,5 Millionen Mark von einer "Christlichen Tagungs- und Kongreß GmbH" unterstützten "Bekenntnistage Pfingsten 1981 " im Berliner Olympiastadion (vgl. MIZ Nr.1/81, S. 19). Das Motto "Jesus Christus - Hoffnung für die 80er Jahre" zog statt der erwarteten 80.000 Menschen nur 10.000 Gläubige an. Unter der Mitwirkung von Nicky Cruz, Exbandenchef aus New York, Charles Duke, Exastronaut, Inge Brück, Exschlagersängerin und Arthur Blessitt, Träger eines 40 Kilo schweren Holzkreuzes, das er rund um die Welt schleppt, rief Pastor Volker Spitzer, Begründer der keiner offiziellen Kirche angehörenden Gruppierung "Christliches Zentrum Berlin", zur Abwehr gegen das aus Richtung Osten heraufziehende Unheil auf. Eine Million Werbeprospekte waren zuvor in der BRD und Westberlin verteilt worden. Es waren zu 90 Prozent junge Menschen, die für eine Teilnehmergebühr von DM 50,pro Person nach Berlin kamen. Kommentar des Berliner Volksblatts vom 10. Juni 1981: "Wenn dann am Abschlußabend, zwei Minuten vor 20 Uhr, Pastor Spitzer daran erinnert, daß nun noch eine halbe Million Mark offenstehe und er um deren Eintreibung in dieser Runde unter Horst Jankowskis Klavierbegleitung beten läßt, sollte das Nachdenken nicht aufhören."

• (413) Jun 1981. Der 19. Evangelische Kirchentag in Hamburg stand ganz im Zeichen des Themas Krieg und Frieden, In den Diskussionen wurde die tiefe Kluft zwischen etablierten christlichen Politikern und christlicher Basis in erschreckendem Ausmaß deutlich. Die überwiegend jugendlichen Teilnehmer unter etwa 150.000 protestantischen Kirchentagsbesuchern sprachen sich eindeutig gegen die Raketenaufrüstung in der Bundesrepublik aus. Bundeskanzler Schmidt, Verteidigungsminister Apel und andere SPD-Genossen aus dem Establishment verteidigten dagegen die sogenannten Nachrüstungsbeschlüsse, für die der Braunschweiger Atomphysiker Klaus Müller das Wort "Logik des Wahnsinns" prägte: daß nämlich "Nachrüstung" angeblich sein müsse, um die Abrüstung voranzutreiben. Verteidigungsminister Apel bezeichnete Atomwaffen "ihrer Natur nach" als "politische Waffen". Entwicklungshilfe sei für ihn ein Teil deutscher Verteidigungspolitik. Kanzler Schmidt begründete in der Altonaer Trinitatis-Kirche vor 400 ausgewählten Zuhörern die Nachrüstungsbeschlüsse mit der Prophezeiung: "Wer sich nicht wehren kann, dem geht es so wie den Afghanen." Die Frankfurter Rundschau schrieb in ihrem Bericht vom 22. Juni 1981: "Bisher gibt es nicht viele Anzeichen, daß die für deutsche Politik Verantwortlichen die stille Kampfansage dieser Jugend in Turnschuhen vernommen haben ... Wirklich beunruhigend in Hamburg war die Beobachtung, daß verantwortliche Politiker die Fähigkeit verloren zu haben scheinen, mit einer jüngeren Generation so zu reden, daß sie wenigstens verstanden werden. Dann gar noch überzeugen zu können, geht ihnen erst recht ab ... In keinem Fall darf es aber erlaubt sein, die Ideale dieser neuen Generation in den Dreck zu ziehen ... Die Zensuren, die die Bundestagsvizepräsidentin Annemarie Renger zu verteilen beliebte, schrecken." - Der Spiegel (Nr. 26 vom 22. Juni 1981) stellte fest: "Nicht nur wegen ihrer Ämter sind Schmidt und Apel die Lieblings-Buhmänner der protestantischen Friedensfreunde. An ihnen entzündet sich der Protest auch deshalb, weil sie durch ihre Diktion und Argumentation zu verstehen geben, daß sie die ganze Bewegung als naiv ansehen - im besten Falle Verirrung eines verständlichen, aber nicht ganz ernst zu nehmenden Idealismus, im schlimmsten eine Gefahr für die Sicherheit des Landes." - Auf der Abschlußkundgebung des Kirchentags forderte der Berliner Theologe Gollwitzer die Abrüstungsgegner auf, die Politiker zu der Erkenntnis zu bringen, daß der NATO-Doppelbeschluß in der Bundesrepublik nicht durchsetzbar sei. Die von Schmidt vorgetragenen Argumente nannte Gollwitzer "kläglich". Der Vorsitzende des interkirchlichen Friedensrates in Holland, Ben Ter Veer, äußerte die Überzeugung, daß es der wachsenden Friedensbewegung gelingen werde, die "Nachrüstung" Westeuropas zu verhindern. Die Friedensbewegung sei zum wichtigsten holländischen Exportartikel geworden. Der Abschlußkundgebung war eine Friedensdemonstration gegen die Stationierung von Atomwaffen in der Bundesrepublik und den NATO-Doppelbeschluß vorangegangen, an der etwa 100.000 Menschen teilnahmen. - Ein großer Teil der jungen Kirchentagsbesucher wohnte sowohl den politischen Diskussionen als auch den rein religiösen Veranstaltungen bei, obgleich die junge Generation durchaus nicht als kirchenfromm eingestuft werden kann. Bibelkurse fanden mit 60.000 bis 90.000 Teilnehmern täglich den stärksten Zuspruch. Gottesdienste, Abendmahlsfeiern, Vorträge über Fragen des Glaubens wie die Reihe mit Professor Thielicke "Vom Grund des Glaubens" oder die Podiumsdiskussionen der Arbeitsgemeinschaft "Glauben zwischen Angst und Zuversicht" waren teilweise überfüllt. - Auch Atheisten machten in Hamburg auf sich aufmerksam: So war die Claude-Helvetius-Gesellschaft mit einem antiklerikalen Bücherstand vertreten, an dem auch mehrere Exemplare des Buches "Das theologische Untier" von Peter Maslowski angeboten wurde.

Großbritannien

• (414) Apr 1981. Laut einem zu Ostern veröffentlichten Umfrageergebnis glauben 73 Prozent der Briten an Gott. 53 Prozent an die Existenz eines Himmels und 28 Prozent an die Auferstehung. Hölle und Teufel schneiden dagegen mit 21 Prozent bei der Bevölkerung schlecht ab. Die Umfrageergebnisse haben sich in den vergangenen 13 Jahren praktisch nicht verändert. Die Umfrage bestätigte frühere Untersuchungen, wonach Frauen gläubiger sind als Männer. 82 Prozent aller weiblichen Befragten glauben an Gott, während nur 64 Prozent der Männer diese Frage mit "ja" beantworteten. (Vgl. Salzburger Nachrichten vom 21. April 1981.)

Italien

• (415) Mrz 1981. Ein ehemaliger Salesianer-Pater und seine zwei Helferinnen wurden in einem religiösen Institut bei Rom verhaftet, weil sie über Monate hinweg junge Frauen mit Gewaltanwendung "vom Teufel befreien" wollten. Die Polizei stellte nach eigenen Angaben bei einer Überprüfung des Instituts "Opera dell' Amore" (Dienst an der Liebe) in der Ortschaft Sezze Romano fest, daß Pater Bernardini die Frauen vor dem Altar an ein Bett fesselte und mit psychischer und physischer Gewalt traktierte. Zwischen zwei "Sitzungen" mußten die Frauen bei Familien als Dienstmädchen arbeiten. Bei seinen Exorzismen ließ sich der Pater von zwei Frauen assistieren. Sie sprachen junge Frauen mit persönlichen Krisen an und überzeugten sie davon, daß sie vom Teufel besessen seien. (Vgl. Frankfurter Rundschau vom 14. März 1981

• (416) Mai 1981. In Mailand und Rom wurden sieben Bankiers und Versicherungsmanager wegen des Verdachts illegaler Geldexporte verhaftet, darunter der Vatikan-Vertraute Roberto Calvi. Gegen Calvi, in dessen Mailänder Bank "Banco Ambrosiano" und Finanzierungsgesellschaft "La Centrale Finanziaria" der Vatikan beträchtliches Kapital investiert hat, wurde seit 1979 ermittelt. Der Finanzexperte war in den vergangenen Wochen mehrfach in die Schlagzeilen geraten. So hatte er 40 Prozent des Aktienkapitals von Italiens größtem Verlagsunternehmen "Rizzolli" übernommen und war damit auch Miteigentümer der bedeutenden Zeitung Corriere della Sera geworden. - Den sieben Verhafteten wird vorgeworfen, in den Jahren 1973 und 1974 durch den Scheinverkauf von Aktien in die Schweiz hohe Geldsummen ins Ausland transferiert zu haben. Calvi, der als einflußreichster Privatbankier Italiens gilt, soll Aktien der zu seinem lmperium gehörenden Versicherungsgesellschaft "Toro" gekauft und an zwei Schweizer Banken weitergegeben haben. Später habe er die Papiere zu überhöhten Summen zurückerworben und die Preisdifferenz im Ausland gelassen. Der Umfang dieser illegal exportierten Gelder soll zwischen 23 Milliarden (46 Mio Mark) und 50 Milliarden Lire (100 Mio Mark) liegen. Die anderen Verhafteten waren damals Mitglieder des Aufsichtsrats von Calvis "Centrale" und sind inzwischen teilweise in hohen Positionen anderer Gesellschaften tätig. Calvi wird darüber hinaus vorgeworfen, Mitglied der inzwischen verbotenen Freimaurerloge "P 2" zu sein. (Vgl. Berliner Volksblatt vom 21. Mai 1981, Augsburger Allgemeine vom 21. Mai und 22. Mai 1981.) Anmerkung der MIZ-Redaktion: Die Vorgänge um die angebliche Freimaurerloge "P 2", der merkwürdigerweise zahlreiche prominente Vertraute des Vatikans angehören, signalisieren das Wiederaufleben des historischen Streits zwischen katholischer Kirche und Freimaurertum. Es ist nicht auszuschließen, daß letzteres durch den Skandal um P 2" in Italien bewußt verdächtigt und diskriminiert werden soll.

• (417) Mai 1981. Am 17./18. Mai 1981 erteilten die italienischen Wählerinnen und Wähler, unbeeindruckt vom Attentat auf den Papst, in einer Volksbefragung über den legalisierten Schwangerschaftsabbruch der von der katholischen Kirche, den Christdemokraten und den Neofaschisten gesteuerten "Movimento per la vita" (Bewegung für das Leben - vgl. MIZ Nr. 1/81, S, 19) eine eindeutige Absage. Die konservativ-katholische Forderung, das geltende liberale Abtreibungsgesetz aufzuheben, wurde mit 67,9 zu 32,1 Prozent der Stimmen abgelehnt. Die Initiative der Radikalen Partei für einen völlig freien Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten fand allerdings auch keine Zustimmung (nur 11,5 Prozent der Stimmen dafür). Lediglich in drei von 95 Provinzen - in Bozen, Bergamo und Vicenza - erreichten die Jastimmen für eine Abschaffung des Gesetzes eine knappe Mehrheit. überdurchschnittlich gut schnitt die "Bewegung für das Leben" im streng katholischen Veneto, in der Lombardei und in der abgelegenen Region Molise ab. In den meisten Bundesländern des südlichen Italiens kamen die Gegner eines legalen Schwangerschaftsabbruchs nicht über 35 Prozent. In der seit fünf Jahren kommunistisch verwalteten Hauptstadt Rom folgten sogar nur 26,3 Prozent der Stimmberechtigten den strengen Worten des Papstes. - In Erwartung eines Erfolges der klerikalen Gruppe hatte die linksorientierte Wochenzeitschrift L'Espresso vor dem Referendum auf ihrer Titelseite eine schwangere Frau am Kreuz abgebildet. In Fortsetzung dieses Gedankens zeichnete nach dem Referendum der Karikaturist der linken römischen Tageszeitung La Repubblica eine junge Frau, die wie der auferstandene Christus über dem Kreuz schwebt. - Die italienische Fristenregelung, seit 1978 in Kraft, gestattet Frauen über 18 Jahren den Schwangerschaftsabbruch innerhalb von 90 Tagen nach der Empfängnis kostenlos in staatlichen Kliniken. Das Gesetz schreibt ebenso die Einrichtung von Beratungsstellen vor. Diese funktionierten bis heute aber nur in den Städten des industrialisierten Nordens. Seit 1978 haben über 400.000 Frauen in öffentlichen Krankenhäusern oder in den von den Kassen anerkannten Privatkliniken ihre Schwangerschaft legal abgebrochen. Dennoch liegt die Zahl der illegalen Abtreibungen noch immer bei 500.000. 72 Prozent der Krankenhausärzte weigern sich "aus Gewissensgründen", Schwangerschaften abzubrechen. Außerhalb der Krankenhäuser fühlen sich dieselben Ärzte dann nicht mehr an ihr Gewissen gebunden und nehmen illegale Schwangerschaftsabbrüche gegen entsprechende Honorare in ihren Privatkliniken vor. (Vgl. Frankfurter Rundschau, Tagesspiegel und Berliner Volksblatt, jeweils vom 20. Mai 1981, Der Spiegel Nr. 19/1981.)

Niederlande

• (418) Mai 1981. Die Registrierung der Religionszugehörigkeit oder der Weltanschauungen ist ab sofort in den Niederlanden nicht mehr Pflicht. Wer will, kann sich dem neuesten Regierungsbeschluß zufolge weigern, diese persönlichen Daten ins Zivilstandsregister aufnehmen zu lassen. Anlaß zu dieser Neuregelung war das Verbot der Regierung in Den Haag, die von einigen arabischen Staaten Geschäftsleuten abgeforderte "Nicht-Jude-Erklärung" abzugeben. Auf Grund dieses Verbots, das vor vier Jahren erlassen, aber jetzt erst offiziell ins Meldegesetz aufgenommen wurde, war die Frage, ob die von 1849 datierende Verpflichtung der Bürger, ihre Religionszugehörigkeit registrieren zu lassen, beibehalten werden soll, aufgetaucht. Die neue Regelung kann in Zukunft auch für die Kirchen Konsequenzen haben. Bisher wurden die Kirchen zum Beispiel automatisch informiert, wenn Gläubige den Wohnsitz wechselten. (Vgl. Frankfurter Rundschau vom 27. Mai 1981.)

Schweiz

• (419) Dez 1980. "Wie ein getretener Wurm windet sich die Besessene auf einer geblümten Camping-Liege, fährt in Abständen wild auf und faucht in Richtung Kreuz, das ihr vier Priester beschwörend entgegenhalten ... Was die von 19 Dämonen besessene 43jährige Hausfrau während des Exorzismus von sich gibt, glaubt auch Bonaventur Meyer, der sie dabei gefilmt hat ... Beweise liefert er Interessierten in rauhen Mengen, darunter sowohl gemessene Stimmfrequenz, Visionen von Heiligen und eine Notiz der CIA ... Ein sektierender Einzelgänger, der von seinem Dachkämmerchen aus der Welt die verblendeten Augen öffnen will? Mitnichten. In B. Meyers Schweizerischem Seelsorgezentrum in der harmlosen Oltner Vorortsgemeinde Trimbach fand nicht nur obiger Exorzismus statt, sondern auch eine Konferenz der Schweizer Bischöfe. Im gleichen Haus hat er überdies sein Bücherzentrum 'Marianisches Schriftenwerk' untergebracht, in dem sich täglich Geistliche aus der ganzen Schweiz mit Schriften, Tonbändern und Schallplatten für den Jugendunterricht eindecken, wo Dämonen und Teufel, Pech und Schwefel fröhliche Urständ feiern. Dazu kommen seine Radiosendungen 'Vox Fidei' und seine Vereinigung 'Pro Veritate', womit der Erzkonservative weitere modernistisch angehauchte Zeitgenossen zum Heulen und Zähneklappern bringen will. Zwar lassen die Schweizer Bischöfe seine zahlreichen, dringlichen Einladungen zu einem echten Exorzismus meist unbeantwortet, 'aber verbieten', sagt der Mann mit dem Draht zur Hölle, 'kann man den privaten Exorzismus nicht.' Man will es auch nicht. Denn Teufel, Dämonen und die ganze übrige Satansbrut haben im rechtskatholischen Lager wieder Saison ... Für die gleichen Kreise ist der wegen fahrlässiger Tötung verurteilte Exorzist Pater Arnold Renz, unter dessen exorzisierenden Händen die 23jährige Studentin Anneliese 1978 gestorben ist, eine Art Märtyrer für die gute Sache. Pater Arnold Renz zeigte sich denn auch weniger spröd als die Schweizer Bischöfe, als ihn B. Meyer zum Exorzismus einlud, und reiste freudig nach Trimbach. Dort ist er seither häufig zu Gast. Immerhin zählt B. Meyers 'Pro Veritate' 8 000 zum Teil kräftig zahlende Mitglieder, die auch nicht so genau trennen können oder mögen, wo nun die katholische Kirche aufhört und des Vereinsgründers private Obsessionen anfangen. Dieses Treiben zu unterbinden dazu sieht das zuständige bischöfliche Ordinariat der Diözese Basel in Solothurn keine Möglichkeit: Solange er nicht im Namen der römisch-katholischen Kirche spricht, können wir nichts unternehmen. Kein Bischof darf einen zivilrechtlichen Verein verbieten."' (In: Die Weltwoche vom 17. Dezember 1980. Vgl. Der Humanist Nr. 5/1981, S. 158f.)

• (420) Apr 1981. Papstgegner in der Schweiz haben einen Verein "Aktion gegen den Papstbesuch", der ursprünglich für Mai/Juni 1981 vorgesehen war, gegründet. Die Aktion, die gemeinsam von Organisationen der Frauenbewegung und der Homosexuellen, Jugendverbänden, Linksparteien und Freidenkerkreisen ins Leben gerufen wurde, versteht sich als Protest gegen den "Absolutheitsanspruch der päpstlichen Morallehre" und gegen die "Machtpolitik der Römischen Kirche". Sie wendet sich dagegen, daß der Gesamtbundesrat (Schweizer Regierung) "als Vertreter unseres konfessionell neutralen Staates" dem Papst "quasi einen Staatsempfang" bereite. (Vgl. Frankfurter Rundschau vom 23. April 1981.)